Aktuelles/

Nachhaltigkeitsberichterstattung: CSRD vom Europäischen Rat gebilligt

Dr. Tobias ReiterWirtschaftsprüfer und Steuerberater
Nachhaltigkeit Gesetzgebung

Der Rat der Europäischen Union hat die „Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen“ (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) endgültig gebilligt.

 

Der Rat der Europäischen Union hat die „Richtlinie hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen“ (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) am 28.11.2022 endgültig gebilligt (vgl. Pressemitteilung des EU-Rates). Zuvor hatte das Europäische Parlament am 10.11.2022 über die CSRD abgestimmt. Die neue Richtlinie soll die Rechenschaftspflicht der Unternehmen erhöhen, divergierende Nachhaltigkeitsstandards verhindern und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft erleichtern. Das Ziel ist die Entwicklung eines Wirtschaftsmodells, das den Menschen und der Umwelt zu Gute kommt, wobei potenzielle Investoren und andere Interessenträger künftig besser in die Lage versetzt werden sollen, fundierte Entscheidungen in Nachhaltigkeitsfragen zu treffen.


Der erste Entwurf der CSRD, die Änderungen an der Abschlussprüferverordnung ((EU) Nr. 537/2014), der Transparenz-Richtlinie (2004/109/EG), der Abschlussprüfer-Richtlinie (2006/43/EG) und der Bilanz-Richtlinie (2013/34/EU) vorsieht, wurde von der Europäischen Kommission am 21.04.2021 veröffentlicht. Am 21.06.2022 wurde durch den Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament eine vorläufige politische Einigung im Hinblick auf die CSRD erzielt. Nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des EU-Parlaments und den Präsidenten des Rates wird die CSRD im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft und ist von den Mitgliedstaaten sodann innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten in nationales Recht umzusetzen. Dabei ist es den Mitgliedstaaten freigestellt, wie sie die Richtlinie umsetzen, sodass sich im Detail unterschiedliche Umsetzungen in das jeweilige nationale Recht ergeben können. Sollte innerhalb der 18-Monats-Frist keine ordnungsgemäße Umsetzung erfolgen, kann die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten.


Durch die Regelungen der CSRD wird derAnwendungsbereich der von der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffenen Unternehmen erweitert. Berichtspflichtig werden zum einen alle großen Unternehmen unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung sowie alle Mutterunternehmen einer großen Unternehmensgruppe. Die Bestimmung der Größenkriterien entspricht dem Vorgehen nach den §§ 267, 293 HGB. Danach sind große Unternehmen solche, die im Regelfall an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen zwei der drei folgenden Kriterien überschreiten:
 

  1. € 20 Mio Bilanzsumme
  2. € 40 Mio Umsatzerlöse, 
  3. im Jahresdurchschnitt 250 Arbeitnehmer.
     

Zum anderenumfasst der Anwendungsbereich auch kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU), sofern diese kapitalmarktorientiert sind, allerdings mit der Möglichkeit, die Erstanwendung um zwei Jahre zu verschieben (“opt-out”).

Für die zeitliche Anwendung der neuen Berichtspflichten ist folgende Staffelung beschlossen worden:

  • für Unternehmen und Mutterunternehmen von Konzernen, die bereits der Pflicht zur Berichterstattung nach der CSR-Richtlinie (2014/95/EU) unterliegen, beginnt die neue Berichtspflicht für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2024 beginnen,
  • für große Unternehmen und Mutterunternehmen von großen Konzernen, die nicht bereits der Pflicht zur Berichterstattung nach der CSR-Richtlinie (2014/95/EU) unterliegen, beginnt die neue Berichtspflicht für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2025 beginnen,
  • für kapitalmarktorientierte KMU, die nicht Kleinstunternehmen sind, sowie kleine und nicht komplexe Institute beginnt die neue Berichtspflicht für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2026 beginnen (es besteht jedoch eine Opt-Out-Option während einer Übergangsfrist).
     

Mit der CSRD werden die bestehenden nichtfinanziellen Berichtspflichten zu den Aspekten Umwelt, Soziales und Menschenrechte sowie Governance erheblich ausgeweitet und standardisiert. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistet die Klarstellung zum Prinzip der sog. doppelten Wesentlichkeit. Demnach sind Informationen berichtsbedürftig, die für das Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf Geschäftsverlauf, -ergebnis und Lage des Unternehmens erforderlich sind, aber auch zusätzlich Informationen, die für das Verständnis der Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt und die Gesellschaft erforderlich sind. Nachhaltigkeitsaspekte werden hierbei definiert als Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren sowie Governance-Faktoren, einschließlich Nachhaltigkeitsfaktoren im Sinne von Artikel 2 Nr. 24 der Offenlegungs-Verordnung ((EU) 2019/2088). Die Verortung der Nachhaltigkeitsberichterstattung erfolgt in einem dafür vorgesehenen Abschnitt im (Konzern-)Lagebericht.

Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die festlegen, welche Informationen Unternehmen berichten müssen, und gegebenenfalls, in welcher Struktur diese Informationen vorzulegen sind, sollen durch die Europäische Kommission in Form delegierter Rechtsakte erlassen werden.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen unterliegt einer verpflichtenden externen Prüfung, die durch den gesetzlichen Abschlussprüfer erfolgen darf. Der vorgesehene Prüfungsmaßstab ist eine begrenzte Prüfungssicherheit (limited assurance). Je nach dem Ergebnis einer Machbarkeitsstudie zur hinreichenden Prüfungssicherheit (reasonable assurance) soll diese perspektivisch bei der Prüfung angesetzt werden.

Update 19.12.2022

Am 16.12.2022 ist die „Richtlinie (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 und der Richtlinien 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen“ (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden.

Update 02.01.2023

Die WPK stellt in ihrem Nachhaltigkeitskompass neben dem veröffentlichten Text der Richtlinie auch eine Lesefassung der CSRD zur Verfügung. Die Lesefassung gibt die durch die Richtlinie geänderten Vorschriften im Änderungsmodus wieder. Sie findet sich hier.

Dr. Tobias ReiterWirtschaftsprüfer und Steuerberater