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Gesellschafterdarlehen - Fremdübliche Verzinsung - BFH-Urteil vom 22.02.2023 – I R 27/20

Matthias MüllerRechtsanwalt und Steuerberater
Rechtsprechung Familienunternehmen

Ohne anderweitige Anhaltspunkte für die regelmäßig gebotene Schätzung fremdüblicher Darlehenszinsen ist es nach Auffassung des BFH nicht zu beanstanden, wenn bei einem Darlehen einer GmbH an ihren Mehrheits-Gesellschafter die Höhe der Zinsen so bemessen wird, dass sich Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen (sog. Margenteilung; Festhalten an der BFH Rechtsprechung seit 1990)

In dem dem Urteil des BFH vom 22.02.2023 – I R 27/20 zugrundeliegenden Sachverhalt stritt eine GmbH mit dem Finanzamt u.a. darüber, ob ein Zinssatz von 4,5% für ein in den Jahren 2014 und 2015 gewärhtes, unbesichertes Darlehen an ihren Mehrheitsgesellschafter angemessen war. Die Gesellschaft hatte das Darlehen nicht verzinst, das Finanzamt daher in Höhe des von ihm geschätzten Darlehenszinses eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angenommen.

Der BFH hat zum einen betont, dass bei der Schätzung der Höhe einer vGA von dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Vergleichspreis auszugehen ist. ZUm anderen hat das Gericht nochmals herausgearbeitet, dass der heranzuziehende Fremdpreis der Zins ist, zu dem Fremde unter vergleichbaren Bedingungen den Kredit am Geld- oder Kapitalmarkt gewährt hätten. Dabei, so der BFH, berechnet sich bei Darlehen zwischen einer GmbH, die selbst keine Bankgeschäfte betreibt, und ihrem Gesellschafter die Höhe der vGA nach den in Rechnung gestellten Sollzinsen, wenn der dem Gesellschafter zinslos überlassene Darlehensbetrag anderenfalls zur Kreditrückzahlung verwendet worden wäre. Hat die Gesellschaft selbst keinen Kredit aufgenommen, so bilden die banküblichen Habenzinsen die Unter- und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung. Die geschätzte Höhe der vGA muss sich dabei innerhalb dieser Marge halten, wobei dem Risiko, dass das Darlehen nicht zurückgezahlt werden kann und es ggf. nicht besichert ist, besondere Bedeutung zukommt. Sind keine anderen Anhaltspunkte für die Schätzung erkennbar, ist es nicht zu beanstanden, wenn von dem Erfahrungssatz ausgegangen wird, dass sich private Darlehensgeber und -nehmer die bankübliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen teilen. An diesen Grundsätzen hält der BFH trotz aller Kritik fest und begründet dies u.a. damit, dass sich der "Mittelwert" aus Fremdvergleichen abgeleitet sei und die Teilung der Marge selbst auf einer Beobachtung des Wirtschaftslebens und damit auf einem Erfahrungssatz, den der Senat als fremdübliches Verhalten auch für das Verhältnis zwischen KapGes. und Gesellschafter annimmt, beruht.

Im Streitfall war das Finanzamt für die Jahre 2014 und 2015 ist von einer (geringen) Bandbreite von banküblichen Habenzinssätzen basierend auf den statistischen Angaben der Deutschen Bundesbank ausgegangen, die nur wenig über der 0%-Marke lagen. Des Weiteren habe es bankübliche Sollzinssätze für revolvierende Kredite und Überziehungskredite an Privathaushalte herangezogen, die sich damals bei etwas über 9% bewegten. Ausgehend von einer Margenteilung hat es mangels anderweitiger Anhaltspunkte sodann 4,5% angesetzt. Dies Verfahren ist nach Auffassung des BFH nict zu beanstanden, die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg,.    

Matthias MüllerRechtsanwalt und Steuerberater