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Regierungsentwurf für eine deutsche Verbandsklage

Matthias MüllerRechtsanwalt und Steuerberater
Nachhaltigkeit Gesetzgebung

Die Bundesregierung hat am 29. März 2023 einen Regierungsentwurf für ein Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) veröffentlicht. Das VDuG dient zur Umsetzung der Richtlinie „über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG“ (sog. Verbandsklage-Richtlinie) und sieht darin eine Sammelklage zur kollektiven Geltendmachung von Verbraucheransprüchen (z.B. Gewährleistung und Schadensersatz) gegen Unternehmen vor.

Die EU-Sammelklage soll Verbraucherinnen und Verbrauchern einen verbesserten Schutz bei Massenschadensereignissen bieten und gleichzeitig auch für Unternehmen einen rechtssicheren Rahmen schaffen. In einigen Mitgliedsstaaten, wie z.B. Niederlande, ist die Verbandsklage-Richtlinie bereits umgesetzt.

Folgende Regelungen sind vorgesehen:

  • Klagebefugt sollen nur staatlich anerkannte qualifizierte Einrichtungen (Verbände) sein, wozu auch z.B. solche aus anderen Mitgliedsstaaten gehören, wenn sie die Voraussetzungen des jeweiligen Mitgliedsstaates erfüllen.
  • Der Verband muss in einer Liste beim Bundesamt der Justiz eingetragen sein und darf max. fünf Prozent seiner finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen beziehen. Eine weitgehend gewerbsmäßige Tätigkeit oder Gewinnerzielungszweck ist unschädlich.
  • Mit der Abhilfeklage soll eine direkte Klage auf Leistung (z.B. Leistung, Schadensersatz oder Handlung) möglich sein.
  • Gegenstand der Abhilfeklage sollen zudem nur gleichartige Ansprüche von mind. 50 Personen (Verbraucher) oder kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und Jahresumsatz/ -bilanz von weniger als EUR 10 Mio. sein, wobei sowohl die Ansprüche als auch die Anzahl der Betroffenen lediglich der Glaubhaftmachung bedürfen. Gleichartige Ansprüche sollen vorliegen, wenn die Anspruchsvoraussetzungen einheitlich für sämtliche Fälle überprüft werden können.
  • Verbraucher und kleine Unternehmen müssen für die Beteiligung an der Abhilfeklage (formlos z.B. per E-Mail) sogar noch zwei Monate nach der ersten mündlichen Verhandlung optieren. Die Abhilfeklage hemmt dann die Verjährung der Ansprüche solcher Verbraucher, die die Option ausgeübt haben.
  • Die Abhilfeklage soll, anders als die EU-Richtlinie, nicht auf lediglich bestimmte Verbraucherrechte, wie Fragen des Datenschutzes, der Finanzdienstleistungen, von Energie-, Umwelt- und Gesundheitsfragen sowie Flug- und Zuggastrechte beschränkt sein, sondern z.B. für Produkthaftungsfragen Anwendung finden.
  • Die Abhilfeklage erfolgt in zwei Stufen:
    • Im sog. Abhilfeverfahren werden die gleichartigen Ansprüche dem Grunde nach geprüft von den Oberlandesgerichten geprüft. Das Verfahren endet mit einem Abhilfegrundurteil über die Berechtigung der Ansprüche. Zur Umsetzung des Abhilfegrundurteils können die Parteien einen Vergleich schließen. Alternativ erlässt das Gericht ein Abhilfeendurteil, mit dem das Unternehmen zur Zahlung eines frei bestimmten kollektiven Gesamtbetrags an einen Sachwalter aufgefordert wird.
    • Im Umsetzungsverfahren erfolgt die Verteilung des kollektiven Gesamtbetrags durch einen Sachwalter, wobei der Sachwalter die Anspruchsberechtigung jeweils eigenständig prüft und Beträge an berechtigte Verbraucher und kleine Unternehmen auszahlt. Reicht der kollektive Gesamtbetrag zur Befriedigung der Verbraucher bzw. kleiner Unternehmen nicht aus, kann der Betrag auf Antrag des klagenden Verbands nachträglich erhöht werden. Verbleibende Beträge werden an das Unternehmen zurückgezahlt.
Matthias MüllerRechtsanwalt und Steuerberater